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Die Felder rund um das Naturschutzgebiet Beltringharder Koog ziehen im Oktober spezielle Gäste an: Riesige Schwärme von Nonnengänsen verdunkeln dann den Himmel mit ihren schwarzen Silhouetten und verwandeln nach der Landung den Boden in schwarzweiße Gemälde fast im Stile des Pointilismus. Auch wenn man sich an dem Gänsespektakel kaum sattsehen kann, die beiden Beobachtungsstationen an dem Verbindungsdamm zwischen Cecilienkoog und Außendeich bieten hervorragende Beobachtungsmöglichkeiten für bekannte aber auch seltene Vogelarten. So haben wir zwar das Odinshühnchen nicht gesehen, das in aller Munde war, dafür aber die Bartmeise, die als lokale Attraktion genannt wurde. Überhaupt ist die Kommunikation in und an den Beobachtungsstationen unter den Besuchern bemerkenswert - freundlich erhält man Tipps zu aktuellen Beobachtungen oder auch Erklärungen, wenn man sich bei der Bestimmung der fotografierten Vogelart unsicher ist.
Der so erfahrenen Geschichte von den heimischen Seeadlern wollten wir allerdings zunächst kaum Glauben schenken. Doch plötzlich erhoben sich bei einem Besuch alle beobachteten Vögel in die Luft und in weiter Ferne sahen wir in Form zweier Punkte am Himmel den Grund - das Seeadlerpaar versetze die Vogelwelt der Beltringharder Biotope für kurze Zeit in Panikstimmung, bis es schließlich in nördlicher Richtung weiterzog. Neugierig geworden erfuhren wir noch weitere Details zu den Seeadlern, die im nahe gelegenen Drelsdorfer Forst brüten und von dort über die sogenannte Adlerbahn zur Nordsee fliegen. Dies führt auch dazu, dass Windkraftanlagen des Bürgerwindparks Reußenköge am Naturschutzgebiet auf dieser Strecke während der bekannten Adlerflugzeiten den Betrieb einstellen. So lange aktuelle Studien noch nicht eindeutig eine mögliche Gefährdung der Adler durch die Rotoren der Windkraftanlagen belegen oder entkräftigen, wird diese Regelung bestehen bleiben.
Dieser Windpark produziert übrigens rund 140 MWp und ist ein besonders schönes Beispiel dafür, wie unter der Regie Einheimischer zukunftsorientierte Projekte von allgemeinen Nutzen entstehen. So werden hier bereits die ersten Photovoltaikanlagen eingerichtet, um den grünen Strom zur Produktion von Wasserstoff für Kraftfahrzeuge mit Brennstoffzellen zu produzieren, während in der Braunkohlewelt in Nordrhein-Westfalen immer noch in auslaufende und umweltschädliche Technologie investiert wird. Doch auch der aktuelle Erfolg der friesischen Windkraftanlagen benötigte einen langen Anlauf mit viel Ausdauer der Beteiligten. Beispielsweise veröffentlichte ich 1983 in der Märzausgabe der Idee - das Magazin für Ingenieure einen Beitrag zur Windkraft mit dem Titel Renaissance der Windmühle nachdem ich (damals als Fachredakteur) zum 150 Meter hohen Growian, einem 3 MW-Windrad im Kaiser-Wilhelm-Koog, vorort recherchiert hatte. Mein damaliges Resumee: "Die Windkrafttechnologie muss zügig vorangetreiben werden - aber bitte nicht nur mit Windrädern, die so hoch wie der Kölner Dom sind". Jetzt, nach 37 Jahren, scheint man sich langsam in die gewünschte Richtung zu bewegen (sieht man von den bayrischen Verzögerungen beim Bau der Hochspannungstrasse von Nord- nach Süd mal ab..).
Übrigens hatte ich damals am 12. Juli 1983 auch die Eröffnung des Pellwormer Solarkraftwerk besucht. Das Kraftwerk lieferte 300 kWp und nutzte spezielle Bleiakkus als Energiespeicher, um das Kurzentrum von Pellworm möglichst kontinuierlich mit Energie zu versorgen. Die Inbetriebnahme war ein guter Anlass, um einen Artikel mit der Überschrift Solartechnik - Kraftwerk Sonne in der Augustausgabe `83 der Idee zu veröffentlichen - ist allerdings auch schon 37 Braunkohlejahre in NRW her ...).
Will man das Naturschutzgebiet Beltringharder Koog hautnah und (fast) vorort erleben, so empfiehlt sich z.B. Haus Beltringharde, Reußenköge, das über die Agentur Ferien an der Nordsee oder auch Booking.com gebucht werden kann. Schafft man es, hier unterzukommen, sieht man das Gänsespektakel vom Fenster aus, erlebt wunderbare Sonnenuntergänge auf dem Vordeich in 200 Metern Entfernung und ist in 5 Minuten bei den Beobachtungsstellen im Naturschutzgebiet. Wir hatten Glück und konnten eine Woche lang von dem modernen Haus aus viele interessante Fotoprojekte starten.